Das Zukunftsmagazin von TÜV SÜD

NEUE KÖPFE / CAROLIN SCHNEIDER

ÜBER DATENGETRIEBENE MEDIZIN

Diabetes und Fettleibigkeit sind weltweit auf dem Vormarsch und mindern die Lebensqualität von Millionen von Menschen. Es handelt sich um komplexe Erkrankungen, die oft aus einer Kombination von Einflüssen entstehen. Mit modernsten Methoden der Künstlichen Intelligenz analysiere ich riesige Datenmengen zu Genetik, Lebensstil oder Ernährung, die in der klinischen Medizin oft ungenutzt bleiben. Darin liegt die Chance personalisierter medizinischer Lösungen für Einzelne und gerechterer, nachhaltiger Regeln der Medizin.

Dr. Carolin Schneider ist Nachwuchswissenschaftlerin des Jahres 2023 und Forbes 30-under-30-Preisträgerin. Die 29-Jährige forscht und lehrt als eine der jüngsten Professorinnen Deutschlands an der RWTH Aachen.

Illustration: Studio Pong

NEUE KÖPFE / MARZI BARGHAMADI

ÜBER ZUKUNFTSFÄHIGE BATTERIEN

Batterietechnologie ist ein Treiber der Energiewende und wird gleichzeitig von ihr angetrieben: Effektive Reichweiten machen Elektrofahrzeuge attraktiver – mehr Elektrofahrzeuge auf der Straße erhöhen wiederum die Nachfrage nach langlebigeren Batterien mit höherer Leistung.

Doch die Rohstoffe für die Batterieproduktion sind begrenzt. Wir müssen daran arbeiten, die Leistungsfähigkeiten aktueller Lithium-Ionen-Batterien zu verbessern und gleichzeitig neue Lösungen auf chemischer Ebene zu entwickeln. In den kommenden Jahrzehnten werden wir weitere Durchbrüche in beiden Bereichen erleben. Zu helfen, technologisch einen Schritt vorauszubleiben und den Wandel voranzutreiben, motiviert mein Forschungsteam und mich.

Marzi Barghamadi ist Leiterin des Teams für Batteriematerialien und -design der CSIRO (Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation), Australiens nationaler Wissenschaftsbehörde. Ihre Forschung konzentriert sich auf die Optimierung von Batterieleistung.

Illustration: Studio Pong

NEUE KÖPFE / KERSTIN GÖPFRICH

KANN MAN EINE LEBENDE ZELLE IM LABOR BAUEN, FRAU GÖPFRICH?

Teilweise. Was wir heute bauen können, sind Minimalversionen von lebendigen Zellen. Als Zellhülle verwenden wir ein Lipidvesikel, eine fettbeschichtete Blase, mit einer Größe von circa 10 Mikrometern. Darin wird DNA als Erbinformation eingebracht. Komplexere künstliche Zellen könnten in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Krankheiten leisten. Die Fortschritte machen optimistisch – junge Kolleginnen und Kollegen machen mit neuen Ideen Dinge möglich, die noch während meiner Promotion vor acht Jahren undenkbar waren. Bis ich einmal in Rente gehe, hoffe ich, dass wir erleben dürfen, wie eine komplette Zelle aus unbelebten Bausteinen hervorgeht.

Kerstin Göpfrich ist seit 2022 Professorin am Zentrum für Molekulare Biologie der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg und forscht dort an einer der großen Menschheitsfragen: Was ist Leben – und können die Bausteine künstlich nachgebaut werden?

Illustration: Studio Pong

NEUE KÖPFE / MICHAEL SALIBA

AUS WELCHEM MATERIAL IST DIE ZUKUNFT DER SOLARENERGIE GEMACHT, HERR SALIBA?

Vielleicht aus Perowskit. Hinter dem Namen verbirgt sich eine Gruppe von Mineralien, und mein Team arbeitet an Wegen, um Perowskit als Booster für Siliziumpaneele oder sogar als eigenständige Lösung zum Bau von Solarzellen zu verwenden. Man kann daraus sehr dünne Solarzellen herstellen, die auf unterschiedlichsten Oberflächen verwendet werden können. Ein Vorteil wäre, dass es viel häufiger als Silizium vorkommt. Unsere größte Herausforderung im Moment ist es, die Effizienz und Haltbarkeit des Materials weiter zu erhöhen. An der Lösung wichtiger Probleme nicht nur der Wissenschaft, sondern auch unserer Gesellschaft arbeiten zu können, treibt uns in unserer Forschung an. Die Technologie hat das Potenzial, die Energiegewinnung zu revolutionieren und in Zukunft allen Menschen Zugang zu nachhaltiger Energie zu ermöglichen.

Michael Saliba ist Professor an der Universität Stuttgart und leitet das dortige Institut für Photovoltaik. Zudem ist er Helmholtz-Nachwuchsgruppenleiter am Forschungszentrum Jülich.

Illustration: Studio Pong

FOTO TRIFFT WORT

UNTER DEM RADAR

Apulien im Süden Italiens ist bekannt für traumhafte Küstenstriche und köstliches Olivenöl. Was wenige wissen: Die Region ist Heimat vieler Unternehmen aus den Bereichen Technologie und Forschung. Fotograf Mattia Balsamini möchte Apulien mit seiner Arbeit „Under This Sun“ auch abseits der touristischen Orte zeigen. Unter anderem beweist er, dass moderne Technologie bereits im Bereich traditioneller Landwirtschaft eine wichtige Rolle übernimmt. Hier bewerten mit Sensoren ausgestattete Drohnen den Wachstumsfortschritt und die Pflanzenqualität in einem Weinberg nahe der Stadt Bari. Das Foto entstand als Teil des internationalen Fotografie- und Kunstfestivals PhEst.

Foto: Mattia Balsamini

FOTO TRIFFT WORT

ALLESKÖNNER

Sie sind reich an Eiweiß, Omega-3-Fettsäuren, Jod, Vitamin B12 und wertvollen Mineralien. Algen sind schon länger wegen ihres Nährstoffreichtums im Fokus der Wissenschaft. Doch auch für das Klima sind die Meerespflanzen von Bedeutung – ganze Algenwälder in den Ozeanen binden Unmengen an Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Die Aufgabe besteht nun darin, die Algenproduktion einerseits industriell zu steigern und gleichzeitig das Ökosystem der Ozeane zu schützen.

Foto: Lucy Deverall/Connected Archives

FOTO TRIFFT WORT

SCHIEF GEWICKELT

Laut einer Studie der Unternehmensberatung PwC sind 95 Prozent der Menschen in Deutschland für eine Reduktion von Verpackungsmaterial auf ein Minimum. Trotzdem wächst der jährlich hinterlassene Berg an Verpackungsmüll immer weiter an. Ein wichtiger Grund für diese Zunahme ist die steigende Zahl an Ein- und Zweipersonenhaushalten, die eine stärkere Nachfrage nach kleineren Verpackungseinheiten erzeugt. Zusätzlich wird ein wachsender Anteil frischer Lebensmittel in vorverpackten Schalen, Tüten und Containern verkauft. Das dominante Material dafür ist Kunststoff. Mehr als 3 Millionen Tonnen davon enden jährlich als Verpackungsmüll. Eine vermeidbare Rohstoffverschwendung, die uns einen Haufen Probleme hinterlässt.

Foto: Philotheus Nisch

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ALTER FALTER

Auf der Unterseite des Flügels eines Regenbogenfalters offenbart sich eine Welt aus Farben und Mustern, aber vor allem ein filigranes Meisterwerk der Aerodynamik. Die bunte Farbe verdankt der Falter nicht etwa einer Pigmentierung, sondern der besonderen Struktur der Flügellamellen. Der Regenbogenfalter ist nur auf Madagaskar zu finden. Dort ist seine Art inzwischen durch Palmölplantagen vom Aussterben bedroht. Das Foto, zerbrechlich und schön, steht für die Verwundbarkeit dieser und vieler tausend weiterer Arten, die durch invasive Landwirtschaft weltweit bedroht sind.

Foto: Sebastian Mast

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SPIEGLEIN, SPIEGLEIN

Nicht nur Las Vegas, die Stadt der Glücksritter, bringt die Wüste zum Leuchten. 60 Kilometer südwestlich, im kalifornischen Teil der Mojave-Wüste, liegt Ivanpah. 2014 ging es als damals größtes Sonnenwärmekraftwerk der Welt ans Netz. 173.500 individuell verstellbare Spiegeleinheiten, sogenannte Heliostaten, lenken das Sonnenlicht zu einem Turm mit Wärmeabsorber. Über diesen wird schließlich eine Dampfturbine betrieben. Auf insgesamt drei benachbarten Feldern werden nach offiziellen Angaben 1079,2 GWh elektrische Energie pro Jahr erzeugt – genug für 140.000 Haushalte. Kritiker dieser Art Kraftwerk berufen sich auf großen Flächenbedarf, hohe Baukosten und starke Beeinträchtigungen für Tiere, insbesondere Vögel.

Foto: Tom Hegen

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STERNSTUNDE

Keine leichte Geburt: Etwa 460 Lichtjahre von uns entfernt entsteht ein neuer Stern. Der sogenannte Protostern L1527 ist auf diesem Bild gerade mal 100.000 Jahre alt – und bereits größer als unser Sonnensystem. Das James Webb Weltraumteleskop konnte 2022 diese spektakuläre Aufnahme machen. Die sanduhrförmig beleuchtete Gaswolke füttert den Sternenembryo mit Materie. Das Bild liefert dem wissenschaftlichen Team von NASA, ESA und der Canadian Space Agency wichtige Einblicke, auch in die Vergangenheit unseres eigenen Sonnensystems.

Foto: NASA

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LISA EDI

Äpfel und Birnen kann man bekanntlich nicht miteinander vergleichen. Die österreichische Fotografin Lisa Edi tut es dennoch – und erschafft in ihrem Bild eine scheinbar perfekte Einheit aus den beiden Früchten. Mit der Idee, Äpfel und Birnen zu verbinden, steht sie bei Weitem nicht allein da. Bereits in den 80er Jahren wurde am Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln ein Hybrid aus Apfel und Birne entwickelt. In ihrer Fotoserie ‚Beyond Category‘ stellt sie eine ganze Reihe alltäglicher Konzepte auf den Kopf, indem sie kuriose Kombinationen ­erschafft – zum Beispiel zwischen Stricknadeln und Gummischlangen, die an die Stelle der Wolle treten.

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QUALLEN

Die strahlenden Lichtreflexe, die sich in dieser sonderbaren Gestalt spiegeln, sehen auf den ersten Blick unwirklich aus. Auf den zweiten Blick zeigt sich das Bild einer Qualle, die beinahe schwerelos scheint. Wie bei vielen transparenten Tieren ist ihre Durchsichtigkeit ihre Waffe gegen Feinde. Das Licht, wie auch hier im Foto, bricht sich in ihrem Körper und verwirrt Fressfeinde ebenso wie mögliche Beute. Ihr Körper hat zwei hauchdünne Zellschichten, die Außenhaut sowie die Innenhaut. Zwischen diesen beiden Häuten liegt die Mesogloea, ein gallertartiges Gewebe, denn Quallen bestehen zu 99 Prozent aus Wasser. An der TU Wien arbeiten Forscher übrigens an einem Verfahren, um auch andere Arten transparent zu machen. So erhoffen sich die Wissenschaftler neue Erkenntnisse über deren Biologie und Innenleben.

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WILLIAM MILLER

Was zunächst wie die Nahaufnahme eines rotbraunen Diamanten wirkt, war einmal ein alter, ausrangierter Farbnegativfilm. Bis ihm der New Yorker Künstler William Miller für sein 2014 entstandenes Projekt „Surface Tension“ ein neues Leben verlieh. Dafür zerknüllte, zerschnitt und faltete er willkürlich 100 Rollen Farbnegativfilm eines abgebrochenen Fotoprojekts. Dadurch gelang es ihm, etwas völlig anderes zu schaffen: skulpturale, mystische Objekte, die den Betrachter durch ihre unkonventionelle Wiedergeburt auf ganz neue Weise faszinieren.

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HANDARBEIT IM HOCHOFEN

Viele Lagen von Materialien und isolierenden Stoffen: Aramide oder Imide, außen Aluminium. Diese Anzüge können eine Temperatur von 1.000 Grad aushalten. Ein Schutz für Stahlkocher.

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SAATGUTTRESOR IN SVALBARD

Im derzeit größten Saatguttresor der Welt lagern rund 1,2 Millionen Samenproben von mehr als 4.000 verschiedenen Pflanzenarten aus 249 Ländern der Welt.

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SCHNEIT ES IM WELTRAUM?

Zumindest stürmt und regnet es. Allerdings kein Wasser, sondern Materie­teilchen, die von der Sonne weggeschleudert werden. Die Europäische Weltraumorganisation beobachtet solche Wetterkapriolen im Weltraum sehr genau, um Schäden zu vermeiden. Bei einem Sonnensturm schickt die Sonne geladene Teilchen Richtung Erde, die empfindliche Satelliten zerstören können.

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DEEP DREAM GENERATOR

Die abgebildete Schafherde ist das Produkt einer Technologie namens „Neural Style Transfer“. Das Verfahren funktioniert so: Zwei Bilder werden dekonstruiert, indem sie durch ein Netzwerk laufen, das zuvor darauf trainiert worden ist, Objekte in Bildern zu erkennen. Diese werden in verschiedene Schichten aufgedröselt. Daraus wird ein neues Bild konstruiert. Das Ergebnis ist beispielsweise ein Selfie, das wie ein berühmtes Gemälde aussieht – oder eine Schafherde mit expressionistischem Touch.

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PEP VENTOSA

Der kollektive Schnappschuss ist eine Hommage an die dauerhafteste Form der Fotografie. Das Bild, auf das Sie gerade schauen, ist eine Zusammenstellung von Dutzenden solcher Schnappschüsse, die im Laufe der Jahre aufgenommen, von mir gefunden und dann übereinandergeschichtet wurden. So lange, bis irgendwann eine neue Abstraktion entsteht: als Würdigung unseres kollektiven Gedächtnisses.