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WIE KI DIE FRÜHERKENNUNG VON BRUSTKREBS VORANTREIBT

—— Künstliche Intelligenz (KI) wird immer erfolgreicher in verschiedenen medizinischen Bereichen und Anwendung eingesetzt. Insbesondere bei der Früherkennung von Krebs und da vor allem beim Brustkrebs-Screening sind die Ergebnisse beeindruckend.

TEXT STEFAN LEMLE

Bislang herrschte die Meinung vor, das KI zumindest genauso gut und verlässlich wie ein Radiologe frühe Anzeichen von Brustkrebs in einer Mammographie erkennen könne. Nun aber haben ungarische Ärzte als Teil einer Studie des Softwareherstellers Kheiron Medical Technologies mehrfach Krebsareale erst dann erkannt, wenn sie zuvor von der KI entdeckt worden waren. Mit Hilfe von der auch auf Wahrscheinlichkeitsrechnungen gestützten Technologie konnten auf den Scans auch potenzielle Krebsareale markiert werden, bevor Krebs überhaupt sichtbar wurde oder wo er sogar erst nach mehreren Jahren auftrat.

Kaum ein Land hat so viel Erfahrung im Einsatz von KI im Screening an Patienten wie Ungarn. Begleitet von wissenschaftlichen Studien werden seit zwei Jahren an fünf Kliniken über 35.000 Screenings im Jahr durchgeführt. Ziel ist es, die Technologie Schritt für Schritt zu optimieren.

VERLÄSSLICHES SCREENING DURCH KI In Ungarn werden bereits seit zwei Jahren Krebs-Screenings mittels künstlicher Intelligenz durchgeführt.

Testprogramme gibt es EU-weit und auch in den USA: Das National Cancer Institute schätzt, dass circa 20 Prozent von Brustkrebsfällen in der Mammographie übersehen werden. In Schweden hat Laszlo Tabár lange Jahre zu Radiologie und Mammographie geforscht. „Ich war wirklich überrascht, wie gut das KI-System funktioniert“, sagt der emeritierte Professor der Universität Uppsala. KI könne für die Patienten zum Lebensretter werden und für das öffentliche Gesundheitssystem von unschätzbarem Wert sein. „Ich träume von dem Tag, wenn Frauen ins Brustkrebszentrum kommen und als erstes fragen: Arbeiten Sie mit KI oder nicht?“

„Ich träume von dem Tag, wenn Frauen ins Brustkrebszentrum kommen und als erstes fragen: Arbeiten Sie mit KI oder nicht?“

Bevor KI aber alleine die Früherkennung von Krebsarten übernehmen kann, müssen die Systeme noch sicherer und zuverlässiger werden. So muss die Technologie beispielsweise beweisen, dass sie bei Frauen jeden Alters, aller Ethnien und jedes Körpertyps akkurate Ergebnisse liefern kann. Und darüber hinaus müsse noch gezeigt werden, dass falsch-positive Ergebnisse – also Areale, die wie Krebs aussehen, aber nicht kanzerogen sind – ausgeschlossen werden können.

Es bleibt dabei: KI wird menschliche Radiologen langfristig nicht ersetzen, aber sie bei ihrer Arbeit unterstützen. Denn die Kombination von KI mit ausgebildeten und erfahrenen Ärzten liefert schon jetzt hervorragende Ergebnisse.

FOTOS

Stocksy/Vera Lair (Brustscan); Getty Images/BSIP/Kontributor (Rechner)

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