Manchmal geht es kaum anders, als Dinge einfach selbst zu probieren. In meinem Fall wollte ich beweisen, dass Magengeschwüre vor allem durch bestimmte Bakterien ausgelöst werden – und nicht durch Stress oder etwa scharfes Essen. Zuerst habe ich versucht, Tiere mit dem Bakterium zu infizieren, um meine Theorie zu beweisen. Dann stellte sich aber heraus, dass die Tiere resistent gegen Helicobacter-pylori-Bakterien sind. Also habe ich mich zwei Monate später entschlossen, selbst als Versuchskaninchen herzuhalten. Kaum jemand wusste davon. Erst Jahre nach dem Experiment machte ich öffentlich, dass ich die Person gewesen war, die die Bakterien zu sich genommen hatte.
Ich weiß noch genau, wie nervös ich war, als ich die Bakterien einnahm. Ich hatte sie in eine Art Rinderbrühe gerührt und trank das komplette Gemisch in einem Zug runter, so wie einen Whiskey-Shot. Das fühlte sich wie vor dem ersten Bungeesprung an: Du hast die Risiken zwar genau studiert und weißt, dass im Prinzip nichts Schlimmes passieren kann, aber du hast es trotzdem vorher noch nie gemacht. Also drückst du die Daumen und hoffst, dass alles gut gehen wird.
Natürlich wäre es einfacher gewesen, wenn die Versuche an den Tieren schon Resultate gezeigt hätten. Immerhin erlitt ich infolge des Experiments eine schwere Gastritis, aber genau das wollte ich ja auch beweisen. Die Entzündung selbst fühlte sich dann so an, als hätte mein Magen einen extremen Sonnenbrand. Das war ziemlich unangenehm. Aber es war wichtig und richtig, dass ich das Selbstexperiment gewagt hatte. Es hat die Medizin und die Forschung einen großen Schritt nach vorn gebracht. Menschen mit Magengeschwüren kann seitdem besser geholfen werden.
Heutzutage sind die Möglichkeiten der Forschung weitaus vielfältiger als damals. Es gibt viel mehr Wege, auch ohne Selbstversuche zu validen Ergebnissen zu kommen. Trotzdem sollten gut geplante, sichere Selbstexperimente nicht gänzlich eingestellt werden. Es ist noch immer der effizienteste und meist schnellste Weg, um neue Behandlungen zu entwickeln und die Forschung nach vorn zu bringen. Das Spannende an Selbstexperimenten ist ja, dass sie aus der Neugier der Forscher entstehen. Und die ist doch noch immer die schönste Motivation für die Forschung.