Das Zukunftsmagazin von TÜV SÜD

POSITIVE ENERGIE FÜR DIE MOBILITÄTSWENDE

—— Die Mobilitätswende hat längst begonnen. Doch wie muss sich unsere Infrastruktur ändern, um neuen Technologien Raum zu geben? Für Kristijan Cizmar beginnt alles beim Thema Energie. Als Head of Energy Systems bei der TÜV SÜD Product Service GmbH arbeitet er an Lösungen rund um die Erzeugung, den Transport und die Speicherung von Energie. Einer CO2-neutralen Zukunft der Mobilität sieht er optimistisch entgegen.

TEXT DAVID LÜTKE
ILLUSTRATION STUDIO PONG

Herr Cizmar, wie sind Sie persönlich in der Stadt unterwegs?
———— Ich arbeite in München aber wohne 60 Kilometer außerhalb. Insofern ist der Pkw für mich das Transportmittel der Wahl. Allerdings fahre ich seit einem Jahr elektrisch und habe so schon 35.000 Kilometer zurückgelegt. Das Auto lade ich zu Hause mit Strom aus meiner Photovoltaikanlage auf. Damit kann ich weitestgehend CO2-neutral unterwegs sein. Das ist mir sehr wichtig.
Der Switch zur Elektromobilität kostet viele Menschen noch Überwindung. Was hat Sie überzeugt?
———— Als Ingenieur bin ich immer daran interessiert, neue und vor allem zukunftsweisende Fortschritte in Zusammenhang mit neuer Technologie kennenzulernen und zu verstehen. Ich versuche, mir selbst ein Bild zu machen, bevor ich etwas bewerte. Für mich war schon länger klar, dass ich elektrisch fahren möchte. Dass ich zu Hause eine Lademöglichkeit habe, war einer der entscheidenden Punkte in meinem Entscheidungsprozess für ein Elektrofahrzeug.
Kann das Phänomen ‚Range Anxiety‘ – die Angst vor unzureichender Reichweite – noch als Argument gegen den Umstieg auf Elektromobilität gelten?
———— Bei sehr vielen Leuten ist inzwischen angekommen, dass sich das Mindset an der Stelle erstmal ändern muss. Man hat nicht mehr den Anspruch des „Volltankens“, sondern lädt unterwegs circa zehn Minuten für 200 Kilometer zusätzlicher Reichweite. Man kann das mit dem Netzausbau im Mobilfunk vergleichen: Es wird immer flächendeckender. 
Welche Fragen stellen Sie als Netzexperte an eine wachsende, vornehmlich urbane Ladeinfrastruktur?
———— Infrastruktur beschreibt nicht nur die Ladesäule, sondern beginnt bereits bei der Stromerzeugung: Wie gewinne ich den Strom? Wie verteile ich ihn? Wie speichere ich Strom aus Sonnen- oder Windenergie? Wir bewegen uns immer mehr in Richtung einer dezentralen Energieerzeugung und -speicherung. Wenn wir Energie dezentral speichern und verbrauchen, benötigen wir auch weniger von den massiven Stromtrassen von Nord nach Süd.
Das beschäftigt sicher auch Ihre Kunden…
———— Regulatorik ist immer eine Hürde für unsere Kunden, die natürlich nach guten Markteinstiegsmöglichkeiten suchen. Sehr aktuell ist bei uns die neue Batterieverordnung, die für eine stärkere Regulierung von Batterien sorgt. Hersteller von Batteriespeichersystemen müssen sich zunehmend damit befassen. Vor dem Hintergrund erreichen uns gerade sehr viele Anfragen von Kunden, die ihre Speichersysteme markttauglich machen wollen. Strategisch werden auch Netzanschlussrichtlinien eine Rolle spielen. Sie bilden den Eckpfeiler für Themen wie bidirektionales Laden, das sogenannte Vehicle-to-Grid. Dabei können sich die Fahrer bezahlen lassen, wenn ihre Fahrzeuge geparkt sind und Strom bei Bedarf ins Netz einspeisen.
Wo sehen Sie den deutschen Energiesektor im internationalen Vergleich?
———— Tatsächlich verfolgen wir mit der Energiewende einen Weg, auf dem wir zumindest im europäischen Raum – womöglich auch global – Vorreiter sind. Natürlich gibt es viele Stimmen, die diese Entscheidung hinterfragen. Da gibt es Pro- und Contra-Argumente, aber als Industriestandort und Nation sind wir ein großer Energieverbraucher und können zeigen, dass Strom aus Kernkraftwerken und fossilen Kraftwerken durch erneuerbaren Strom zu ersetzen ist. Wir machen schon sehr viel im Bereich der erneuerbaren Energien – ich sage, wir sind insgesamt gut unterwegs.
Welche Trends sehen Sie für die Zukunft Ihres Feldes?
———— Mich begeistern neue Denkweisen im Bereich der Energieerzeugung: Wie sieht zum Beispiel ein Kraftwerk von morgen aus? Man spricht da von virtuellen Powerplants, also dezentralen Kraftwerken aus vielen Einzelanlagen zur Stromerzeugung und -speicherung. Diese bekommen zusammen eine gewisse Schwarmintelligenz und agieren als ein virtuelles großes Kraftwerk. Bei der Optimierung davon spielen Digitalisierungsprozesse und Künstliche Intelligenz zukünftig sicher auch eine Rolle. Da können wir in Europa und Deutschland punkten: Es gibt hier einige Anbieter, die weit vorne sind.

Diese Felder können Unternehmen in Zusammenarbeit mit TÜV SÜD optimieren:

ERNEUERBARE ENERGIEN:

TÜV SÜD prüft Ihre Anlagen aus den Bereichen Biogas, Geothermie, Solarthermie, Photovoltaik, Biomasse sowie Wasser- und Windkraft und außerdem Brennstoff- und Wasserstoffzellen.

KRAFTWERKE:

TÜV SÜD führt Abnahmemessungen, Gewährleistungsnachweise und Performance-Tests durch und prüft Motoren und Turbinen (Diesel, Gas, Dampf, Wasser, Kernenergie).

NETZE UND SPEICHER:

TÜV SÜD übernimmt die Prüfung von Ihren Energiespeichersystemen und Frequenzumrichtern und analysiert die Netzverträglichkeit.

ENERGIEZERTIFIZIERUNG:

TÜV SÜD unterstützt Sie u.a. bei der Bilanzierung erneuerbarer Energie sowie Bioenergie, Biomethan und Biogas, prüft hinsichtlich der Standards DIN EN 16258 (Klimafreundliche Logistik) und DIN EN 16258 (Transportemissionen im Transportgewerbe) und begleitet Ihr Unternehmen in Sachen EcoMobility, grünem Wasserstoff oder Ökostromzertifizierung.

ENERGIEEFFIZIENZ UND ENERGIEMANAGEMENTSYSTEME:

Die Prozesse der ISO 50001 haben die klare Zielsetzung, den Energieverbrauch in Unternehmen deutlich zu reduzieren. Die Einführung eines effizienten Energiemanagementsystems (EnMS) ist zur Notwendigkeit geworden, kann die Umwelt schonen und Kosten sparen.

ENERGIE- UND VERSORGUNGSSICHERHEIT:

Energie- und Versorgungssicherheit sind essenziell für jedes moderne Unternehmen. TÜV SÜD bietet daher eine umfassende Geschäftsrisikenanalyse mit dem Ziel konkreter Maßnahmen zur Risikosenkung an.

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