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WARUM SIND WIRTSCHAFTLICHE ZUKUNFTSPROGNOSEN SO UNGENAU?

—— Worauf basieren ökonomische Vorhersagen, und wie könnte künstliche Intelligenz zu einer verlässlicheren Zukunftsprognose beitragen?

TEXT THOMAS SCHMELZER
FOTO ISTOCK/JONATHAN KITCHEN

So ungenau sind sie gar nicht. Wie gut Prognosen sind, hängt vor allem vom prognostizierten Zeithorizont ab. Je weiter Prognosen in die Zukunft blicken, desto ungenauer werden sie. Außerdem liegen Ökonomen in Krisenzeiten tendenziell falsch. Der britische „Economist“ hat errechnet, dass die wichtigsten Konjunkturprognosen zwischen 2000 und 2017 während eines Aufschwungs um 0,6 Prozentpunkte daneben lagen, in Rezessionsjahren hingegen um 1,8 Prozentpunkte. Auch im Coronajahr 2020 unterschieden sich Wirtschaftsinstitute mitunter erheblich in ihren Vorhersagen. Ein Grund sind unsichere Annahmen. Eine Prognose basiert immer auf dem Status quo.

In Krisenzeiten verändern sich Annahmen allerdings besonders häufig und heftig, etwa wenn der Staat einschreitet. Für die Prognose des Wirtschaftswachstums macht es zum Beispiel einen massiven Unterschied, ob eine Regierung im Falle einer Pandemie Staatshilfen und Kurzarbeitergeld beschließt und damit der ökonomischen Tradition der Keynesianer folgt, oder im Sinne des Monetarismus eine staatliche Unterstützung durch Subventionen unterlässt. Hinzu kommt, dass es gar nicht so einfach ist, an verlässliche Berechnungsdaten zu kommen. Ein Beispiel: Rund drei Viertel der Wirtschaftsleistung in Deutschland entfallen auf den Dienstleistungssektor – hier aber gibt es deutlich weniger und schlechtere Daten als für die Industrie. In Zukunft sollen künstliche Intelligenz und Big Data helfen, Investitionsflüsse und regionale Branchentrends besser vorherzusagen.

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