Das Zukunftsmagazin von TÜV SÜD

WAS SIND DIGITALE ZWILLINGE?

TEXT ANNA GAUTO
FOTO GETTYIMAGES/KLAUS VEDFELT

—— Yannick Renaud, Projektingenieur für Simulation und Energietechnik, erklärt, welche Potenziale in der neuen Technologie stecken.

Herr Renaud, lassen sich Gebäude klonen?
———— Klonen vielleicht nicht. Aber mit sogenannten Digital Twins können wir etwa ein Bürohaus umfangreich abbilden – und das wesentlich schneller als zuvor. So können wir schon beim Design von Neubauten erkennen, wie wir möglichst viel Energie sparen und CO2-Emissionen verhindern.
Was ist daran neu?
———— Vor allem unser Umgang mit Daten. Nehmen wir den Baubereich. Allein für eine Wärmeberechnung suchte man sich bislang Daten aus unterschiedlichsten Quellen und Formaten zusammen. Die beteiligten Akteure nutzen verschiedene Softwareprogramme und Dateien. All diese Informationen zu sichten und zu verwerten, kostete viel Zeit. Heute arbeiten wir mit vereinheitlichten Daten und konzentrieren sie auf einer Plattform. Gerade im Zeitalter von Big Data kann man so Gebäude wesentlich schneller und genauer simulieren – und einen digitalen Zwilling schaffen.
Das klingt wahrscheinlich einfacher, als es ist.
———— Eine echte Herausforderung ist, dass über die gesamte Bauphase hinweg alle Akteure in einem Modell, statt auf zehn digitalen Informationskanälen arbeiten. Wir haben Berater, die sich nur darum kümmern, dass Planer, Designer oder Ingenieure ihre Daten harmonisieren und an einem Ort ablegen. Das kann wie in der Baubranche auf einer speziellen Plattform sein oder aber in der Cloud. Gerade bei großen Bauprojekten spart man so sehr viel Zeit und Energie.
Was wird in Zukunft möglich sein?
———— Mithilfe von Big Data und der Digital-Twin-Technologie können wir Bauwerke permanent optimieren. Wir können sie außerdem mit virtueller und erweiterter Realität anreichern, um noch mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Bislang ist das eher selten der Fall. Sobald ein Haus fertig gebaut ist, kümmert man sich häufig nicht mehr darum. Ein großer Fehler, denn: Man kann Gebäude ständig effizienter machen, wenn man relevante Daten über mehrere Jahre konzentriert und sinnvoll vernetzt.

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