Das Zukunftsmagazin von TÜV SÜD
Illustration einer Erdkugel und alternativer Energiequellen.

ENERGIE  GIBT’S ÜBERALL

TEXT KATRIN BRAHNER
ILLUSTRATION MICHELE MARCONI

—— Erneuerbaren Energien gehört die Zukunft. Doch um den globalen Energiebedarf zu decken, reichen Windräder und Solarpaneele allein nicht aus. Ein Überblick über Alternativen mit Potenzial.

Auschnitt einer Illustration, auf der ein Hochhaus, ein Fenster, eine Sonne auf blauem Hintergrund zu sehen ist.

FENSTER UNTER STROM

Statt Wohnungen nur mit Licht zu fluten, sollen Fenster in Zukunft auch Energie erzeugen können. Das amerikanische Unternehmen UbiQD hat für diese Vision ein volltransparentes Solarfenster entwickelt. Bislang wandelt das Fenster nur einen Teil des Sonnenlichts in Energie um, könnte aber beispielsweise in den USA schon heute einen großen Teil der Energieerzeugung abdecken. Würden die fünf bis sieben Milliarden Quadratmeter Glasoberfläche der USA mit den transparenten Fenstern ausgestattet, würde das für etwa 40 Prozent des Energiebedarfs der Vereinigten Staaten reichen.

Ausschnitt einer Illustration, auf dem ein Mond und eine Aluminiumplatte auf blauem Hintergrund zu sehen ist.

AUS KÄLTE MACH STROM

Energie aus dem kalten Nachthimmel gewinnen – das ist Forschern der Universität Stanford kürzlich gelungen. Sie setzten dabei auf den sogenannten Seebeck-Effekt. Er besagt, dass aus einem Temperaturgefälle Energie entsteht. Der nur 30 US-Dollar teure Prototyp der Forscher nutzt dieses Phänomen aus. Eine Aluminiumplatte erwärmt sich tagsüber und strahlt die aufgenommene Wärme nachts Richtung Himmel ab. So entsteht eine Temperaturdifferenz, die ein thermoelektrischer Generator unter der Aluminiumplatte in Elektrizität umwandelt. Mit dem ersten Prototypen konnten die Forscher 25 Milliwatt pro Quadratmeter erzeugen. Das reicht aus, um eine LED-Leuchte zu betreiben. Neuere Prototypen kommen bereits auf bis zu zwei Watt pro Quadratmeter.

Illustration von Personen, die auf Hartgummifliesen laufen, die Bewegung in Strom umwandeln.

STROM MIT JEDEM SCHRITT

Smarte Hartgummifliesen, die Bewegung in Strom umwandeln: Mit dieser Idee will das Londoner Unternehmen Pavegen die Stromversorgung in Städten revolutionieren. In dreieckigen Fliesen sind dafür Induktionsgeneratoren verbaut, die mit jedem Schritt eine Rotationsbewegung auslösen und so Energie erzeugen. Die Fliesen wurden bislang in 200 Pilotprojekten in 36 Städten installiert. Konzerne wie Siemens oder Google kooperieren mit Pavegen.

Illustration einer Antenne im Weltall, neben einem Planeten auf baluem Hintergund.

ENERGIE AUS DEM ALL

Was wie Science-Fiction klingt, könnte bereits in den nächsten zehn Jahren Realität werden: Solarsysteme im Weltraum wandeln Sonnenstrahlen außerhalb der Atmosphäre in Mikrowellen um und strahlen sie anschließend zur Erde hin ab. Spezialantennen nehmen die Strahlen in Empfang und versorgen uns mit Energie. Japan will auf Basis dieser Idee bereits bis 2030 ein Fotovoltaikkraftwerk mit einer Leistung im Gigawattbereich im All positionieren und arbeitet etwa mit Mitsubishi zusammen. Die Technologie birgt vor allem für Regionen mit schlechter Infrastruktur Potenzial, da sie lediglich Empfängerantennen benötigt. Außerdem soll sie bei Stromausfällen nach Naturkatastrophen helfen.

Illustration von Steinen, die mit Windrädern verbunden sind.

HEISSER STEIN

Ohne Stromspeicher kommt die Energiewende kaum voran. Doch bisherige Methoden sind kostspielig und können nur an wenigen Orten eingesetzt werden. Die TU Hamburg und Siemens erforschen nun in Hamburg den Einsatz von Vulkangestein. In einer Pilotanlage erhitzen Heizgebläse etwa 1.000 Tonnen Gestein, das die Energie in Form von Wärme speichern kann. Bei Bedarf saugen Lüfter die heiße Luft des Steinspeichers wieder ab und leiten sie an eine Dampfturbine, die einen Stromgenerator antreibt. Im Vergleich zu bisherigen Speicherarten sind Steinspeicher günstig: Siemens und die TU Hamburg streben in kommerziellen Anlagen einen Speicherpreis von unter zehn Cent je Kilowattstunde an.

Illustration von einer Turbine vor blauem Hintergund.

KRAFT DER GEZEITEN

Die Idee, aus den gewaltigen Kräften von Ebbe und Flut Energie zu gewinnen, gibt es schon länger. Vor der schottischen Küste haben Forscher nun die größte Gezeitenturbine der Welt verankert. Orbital O2, so ihr Name, greift anders als herkömmliche Ansätze nur minimal in bestehende Ökosysteme ein, eignet sich für viele Standorte und ist deutlich günstiger. Die Rotorblätter der Turbine, die am Ende des 73 Meter langen Schwimmkörpers sitzt, können sich um 360 Grad drehen. So müssen nur sie sich nach den Gezeiten ausrichten – und nicht der gesamte Schwimmkörper. In den kommenden 15 Jahren wollen Forscher testen, wie zuverlässig und leistungsfähig Orbital O2 ist.

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