EINE GLÜCKLICHE VERKETTUNG
—— Am 1. Januar 2023 tritt das Lieferkettensorgfalts-pflichtengesetz in Kraft und viele kleinere Unternehmen sind nicht vorbereitet. Dabei wird es höchste Zeit, auch weil auf EU-Ebene schon die nächste Regulierung wartet.
Bereits 1833 beobachtete der britische Ökonom William Forster Lloyd ein Verhalten, das noch heute viele Probleme der Welt charakterisiert. Lloyd war aufgefallen, dass sich etliche öffentlich zugängliche Weiden, sogenannte Allmenden, in einem erbärmlichen Zustand befanden: das Gras verkümmert, das Land mit Kuhfladen übersät, das Vieh ausgezehrt. Den Grund für die Übernutzung fand Lloyd in einem Dilemma, das er als Tragik der Allmende beschrieb.
Im Jahr 1968 nahm der Ökologe Garrett Hardin den Gedanken Lloyds wieder auf und verfasste einen Artikel mit dem Titel „The Tragedy of the Commons“. Das ernüchternde Fazit Hardins: Der freie Zugang zu öffentlichen Gütern führt letztlich unausweichlich zu deren Ruin. Wissenschaftler nutzen das Konzept seitdem, um ganz unterschiedliche Probleme zu beschreiben. So lassen sich etwa die Überfischung der Meere, die Rodung der Wälder, die Verschmutzung von Gewässern, die Wilderei oder der Klimawandel im Kern auf das immer gleiche Dilemma zurückführen: Obwohl Menschen individuell rational handeln, schaden sie sich mit ihrem Verhalten im Ergebnis selbst. In der Fischerei steigt etwa die Fangmenge aller Fischer zunächst an, fällt danach aber ab, weil sich die Fischschwärme nicht schnell genug regenerieren können.
1. Der klassische Lösungsansatz ist die Vergabe von Eigentumsrechten. Ein Zaun teilt die Weide auf. Landwirtin McDough und Landwirt Smith sind eigenständig für ihren Teil der Weide verantwortlich. Dadurch ändern sich ihre Überlegungen. Langfristige Sicherheit überwiegt nun kurzfristige Vorteile. Beide senden nur noch 20 Kühe auf ihren Teil der Weide. Eigentumsrechte lassen sich jedoch nicht überall verteilen und durchsetzen. Was bei einer Weide funktioniert, scheitert bei der Abholzung des Regenwaldes etwa oft an den schieren Ausmaßen der Wälder.
2. Für manche Güter und Gebiete sieht das Völkerrecht kein Eigentum vor. Ein Großteil der Ozeane, die sogenannte Hohe See, oder die Atmosphäre gehören niemandem und allen zugleich. Für diese Fälle haben sich internationale Abkommen etabliert, die etwa Fangquoten für die Ozeane oder Emissionsgrenzen festlegen. Ein Problem dabei: Wer sich nicht an die Quoten hält, muss keine Strafe fürchten, weil die meisten Abkommen auf Freiwilligkeit beruhen.
3. Ein dritter Ausweg kommt ohne Staat und Eigentum aus. Wie die Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom analysierte, schaffen es einige Gemeinschaften, öffentliche Güter nachhaltig zu nutzen. Damit das gelingt, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein, etwa gemeinschaftliche Entscheidungen, Sanktionsmechanismen oder gegenseitige Kontrolle.