WASSERSTOFF: EIN TESTLABOR FÜR DIE ZUKUNFT

In einem Industriegebiet in Garching, wenige Autominuten nördlich von München, kann man die Zukunft schon erahnen. Eine Reihe grauer Container und Zelte beherbergen das Hydrogen Lab von TÜV SÜD. Was von außen provisorisch wirkt, ist in Wirklichkeit der Beginn einer großen Investition in die strategische Ausrichtung des Konzerns. Hier befinden sich hochmoderne Test- und Prüfaufbauten zur Qualifizierung von Werkstoffen hinsichtlich der Verträglichkeit mit Wasserstoff. Auch marktreife Produkte und Komponenten wie Ventile oder Sensoren werden hier geprüft.
Das Labor selbst gibt es schon seit den 1980er Jahren, damals wurde es noch hauptsächlich für Tests von Kraftstoffkomponenten und später auch Kühlmedien genutzt. Heute ist auf dem 2.000 Quadratmeter großen Firmengelände aber wieder eine Veränderung spürbar – nebenan wird geschraubt, gehämmert und gebaut. „Die Bedeutung von Wasserstoff nimmt stetig zu“, sagt Max Bedynek. Als Account Manager Hydrogen & Fuel Cell bei TÜV SÜD möchte er das Wasserstoff-Labor strategisch weiterentwickeln. „Wir beobachten einen klaren Trend: Unser Prüf- und Zertifizierungsportfolio für Wasserstoff wächst kontinuierlich und ergänzt ideal unsere bisherigen Prüf- und Zertifizierungsangebote ausgelegt auf fossile Brennstoffe.“
Als kohlenstofffreier Energieträger hat Wasserstoff – speziell grüner Wasserstoff – für TÜV SÜD großes Potenzial auf dem Weg in eine CO2-neutrale Zukunft, besonders in Sachen Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen zugunsten der Erreichung der Klimaziele. Wasserstoff ist somit auch ein Schlüsselthema der Zukunftsstrategie von TÜV SÜD. Das Hydrogen Lab in Garching bildet dabei das Zentrum. „Hier starten all unsere Prüf- und Forschungsaktivitäten“, erklärt Max Bedynek. „Langfristig planen wir eine internationale Expansion, um noch mehr Innovationen voranzutreiben.“
Mit dem Hydrogen Lab kann das Wasserstoff-Team von TÜV SÜD Produktprüfungen und Zertifizierungen durchführen, die früher nicht am Markt angeboten wurden. Technische Komponenten und Bauteile, die mit Wasserstoff in Berührung kommen, müssen speziell auf Verlässlichkeit und Dichtheit geprüft werden. Beispielsweise stellt die sogenannte Wasserstoffversprödung ein Risiko für Bauteile dar, die hohem Druck ausgesetzt sind. Bei TÜV SÜD gibt es inzwischen eine ganze Reihe eigens entwickelter Zertifizierungsprodukte. „Hersteller von Wasserstoffventilen können ihre Produkte bei uns testen lassen und erhalten eine gezielte Bauteilzertifizierung“, sagt Bedynek.
Ein Angebot von TÜV SÜD strebt immer danach, eine One-Stop-Shop-Lösung zu bieten. Bedynek und sein Team begleiten Unternehmen bereits in frühen Entwicklungsphasen, insbesondere in Fragen zu regulatorischen Rahmenbedingungen und qualifizierten Werkstoffen. „Wir unterstützen unsere Kunden nicht nur bei der Prüfung ihrer Komponenten, sondern auch bei der Ermittlung der relevantesten Normen und Standards“, sagt Bedynek.
Mit dem Hydrogen Lab in Garching setzt TÜV SÜD bewusst auf den Standort Deutschland. Hier profitieren Bedynek und sein Team von der frühen Weichenstellung Europas im Bereich Wasserstoff.
Das Wissen, verknüpft mit den Services des Hydrogen Lab, ist enorm wichtig – vor allem vor dem Hintergrund der angestrebten Energiewende. „Das Interesse an Wasserstofflösungen wächst branchenübergreifend enorm – sei es in der Automobilindustrie, bei Zulieferern oder im Gasnetzbereich“, beobachtet Max Bedynek.
Auf dem europäischen Markt gibt es für den Experten kaum Zweifel daran, dass Wasserstoff in der Zukunft das Rückgrat des Energiesystems sein wird. „Das geplante europäische Pipeline-Netzwerk zeigt deutlich, dass Wasserstoff als Energieträger der Zukunft breit verfügbar sein wird“, erklärt Bedynek. „In Zukunft wird es nicht mehr nötig sein, Wasserstoff lokal zu produzieren oder auf den Straßentransport angewiesen zu sein.“
Die geplante Infrastruktur ist für ihn ein klares Bekenntnis zur Nutzung erneuerbarer Energien. „Eine der zentralen Herausforderungen bleibt, dass Erzeugung und Verbrauch erneuerbarer Energien zeitlich und räumlich nicht immer zusammenpassen“, ergänzt Bedynek. „Wasserstoff kann genau diese Lücke schließen und als Puffer dienen.“
Im Ausbau des Labors sieht Bedynek eine bewusste Ausrichtung auf die Zukunft. „Wir sehen eine wachsende Nachfrage nach Testdienstleistungen, aber auch nach neuen Prüfmethoden – etwa für die Leistungsbewertung von Brennstoffzellen“, sagt er. Zukünftig könnten weitere innovative Anwendungsfelder in das Labor integriert werden. Fest steht: Das Team bringt nicht nur das notwendige Fachwissen mit, sondern auch den Pioniergeist, um den Wasserstoffsektor aktiv mitzugestalten.